Empfinden Sie den Schriftstellerberuf als einsamen Beruf?

> Ja!
… sagen unisono Martin Ahrends, Ute Kissling und viele andere Autoren.
Auch Ingrid Noll bestätigt: „Schreiben ist eine einsame Sache. Wer das nicht ertragen kann, sollte es lassen“, und Ria Klug ergänzt mit einem Augenzwinkern: „In der Tat. Eigentlich ist der Beruf besonders gut geeignet für introvertierte Depressive. Manchmal leide ich auch daran. Ich sollte gelegentlich meinen Therapeuten darauf ansprechen.“

> Nein!
… finden Tanja Kinkel, Gabriele Keiser, Mark E. Carter, Alexa Thiesmeyer und wahrscheinlich genau so viele andere wie die, die die Frage bejahen. „Ich bin ja nicht allein“, bemerkt Tom Zai, „da sind alle meine Protagonisten.“

Also Jein!

> Auf jeden Fall. Das ist Fluch und Segen zugleich.
Isa Schikorsky – Kriminalromane, Historische Kriminalromane, Sachbücher

> Einsam ja, habe jedoch nichts dagegen.
Beat Mundwiler – Prosa

> Ein Eremit ist im Vergleich dazu ein Party Animal.
Harald Gilbers – Historische Kriminalromane

> Viele Dinge beim Schreiben passieren während des Schreibprozesses. Das ist mir sehr wertvoll, und ich möchte darauf nicht verzichten. Wenn ich dann mal wieder in einer Phase bin, in der ich damit hadere, völlig allein hinter meinem Schreibtisch zu sitzen, sage ich mir: Das ist der Preis dafür, dass du beim Schreiben ganz bei dir und deinen Figuren bleiben kannst.
Andrea Bergen – Historische Romane, Kurzgeschichten

> Zwiespältige Antwort. Eigentlich habe ich bei Recherchen und Lesungen viel mit Menschen zu tun, und während des Schreibens sind meine Figuren bei mir; dann bin ich in einer anderen Welt. Nur nach dem Abschluss eines Projekts merke ich immer wieder, dass ich doch etwas desozialisiert bin, dann muss ich wieder raus in die „reale“ Welt.
Sabina Naber – Kriminalromane, Prosa, Erotik

>Der Schreibprozess selbst ist eine einsame Arbeit, aber Recherche oder Lesungen sind es nicht.
Brigitte Glaser – Kriminalromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten

> Ich war vor meiner schriftstellerische Tätigkeit noch einsamer.
Dogan Akhanli – Roman, Theaterstücke, Drehbuch, Essay

> Ich brauche dies Einsame.
Renate Axt – Lyrik, Prosa, Kinderbücher, Drehbuch, Hörspiel, Theaterstücke

> „Allein: du mit den Worten und das ist wirklich allein“ (Gottfried Benn). Aber man kann damit leben. Es gibt Schlimmeres.
Horst Landau – Lyrik, Erzählungen, Romane, Hörspiele, Features und Reportagen

> Es kann ein einsamer Beruf sein, wenn man nur am Schreibtisch arbeitet. Aber er bringt einen auch mit unheimlich vielen, sehr interessanten Menschen zusammen. Kürzlich recherchierte ich auf der Reeperbahn und ließ mich – für die Kunst – in einer Zelle der Davidwache einsperren. Das wäre mir ohne das Schreiben wohl nicht passiert.
Anja Marschall – Krimi, Historische Romane, Jugendbücher

> Ein Kollege schrieb neulich mal sehr treffend: „Facebook ist meine Tee-Küche.“ Da ist was dran, denn der kleine Plausch mit Kolleg*innen auf dem Büroflur kommt im heimischen Arbeitszimmer eher zu kurz. Nach einer Lesereise mit hunderten von Schüler*innen hingegen weiß ich die Einsamkeit zwischendurch sehr zu schätzen.
Christian Linker – Jugendbücher, Kinderbücher

> Oui, mais pas que. Ecrire c’est aussi être proche des autres, les sentir, les comprendre, les écouter. Ecrire, c’est être dans le monde et à côté de lui. (Ja, aber nicht nur. Schreiben bedeutet auch, nah bei den anderen zu sein, sie zu spüren, zu verstehen, ihnen zuzuhören. Schreiben heißt, mitten im Leben zu sein und doch auch daneben; rea)
Melanie Richoz – Romane, Erzählungen, Theaterstücke, Kolumnen, Liedtexte, Graphic Novel

Einsamkeit kann aber auch andere Gesichter haben:

> Es ist eine einsame Sache, denn es fehlt oft an Kollegialität, niemand will sich in die Karten schauen lassen.
Christa Till-Schiesser – Lyrik, Prosa, Kriminalromane

 

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