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Mit einem Mal ist sie da, die Idee zu einer Geschichte.

Sie kommt, wenn ich spazierengehe oder beim Besuch einer Ausstellung. Sie drängt sich mir auf beim Bäcker an der Ecke oder platzt mitten hinein in ein Gespräch mit Freunden.

Rund um WasserSie funkelt und lockt, eine verführerische Perle auf dem Grunde des Sees. Und ich lasse mich auf das Abenteuer ein. Flieg, Gedanke, sage ich, flieg! Und dann, ganz allmählich, nimmt die Geschichte Form und Gestalt an. Die Skulptur atmet schon, bevor der Bildhauer auch nur einen Handschlag getan hat, und das Buch, das die Schriftstellerin schreiben wird, trägt sie über Wochen und Monate, manchmal sogar über Jahre in ihrem Kopf mit sich herum. Doch wenn es dann soweit ist und sie es niederschreiben möchte, ist der Kopf leer, ein hohler Kürbis, ein Vakuum. Denn der Schritt oder die Transformation vom Überlegen zur Realisierung, von der Hier-Welt in die Dort-Welt ist anstrengend, ein geheimnisvoller Kraftakt.

Man kennt doch den Moment, dass man alles tut, um nicht beginnen zu müssen, sagt der Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil. Also gieße ich die Blumen, sie brauchen dringend Wasser. Räume die Schublade mit den Geschenkbändern auf, das muss ja auch mal sein. Gehe ins Café, lausche auf das Menschengemurmel.

Nur nicht denken. Loslassen. Flieg, Gedanke, flieg!

Bis heute weiß niemand, wie es passiert, aber plötzlich macht es Klick, und die Geschichte, von der ich eben noch glaubte, sie sei mir entflogen, ist wieder da. Sie war nie weg. Ich gehe, nein, eile zurück an den Schreibtisch und – es läuft. Ich habe die Perle gefunden. Es gibt kein Vakuum im Kopf, auch wenn wir es manchmal glauben. Welch ein Glück.