Was brauchen Sie, damit Sie ins Schreiben hineinkommen – und inspiriert bleiben?

Eine Idee, um hineinzukommen, erklärt Burkhard Spinnen – und noch eine, um inspiriert zu bleiben, fährt er fort.
Das klingt so einfach, aber wie immer steckt die Tücke im Detail. Denn, so formulierte es Hanns Josef Ortheil einmal in einem Interview, es sei ein immenser Sprung, ein richtig großer Satz vom Alltag und dem realistischen Denken im Kopf hin zum künstlerischen Denken. Und oft mache man erstmal alles Mögliche, um nicht beginnen zu müssen. Dem kann sich Gabriele Keiser nur anschließen. „Die Ablenkungen sind vielfältig“, sagt sie. Was braucht es also?

Schreibende Hand
Zu allererst Zeit. Zu wissen, dass man wenigstens ein paar Stunden zur Verfügung hat und ungestört am Schreibtisch brüten und auf Notizzetteln herumkritzeln kann – bis es mit einem Mal funkt und man erlöst zu schreiben beginnt.

 

Dann: dass alle lästigen Pflichten erledigt sind und es einem für eine Weile gelingt, die Pendenzenberge, wie Brigitte Schär und ihre Schweizer Kollegen und Kolleginnen es nennen, zu ignorieren.

Und nicht zuletzt Ruhe. Noch mal Ruhe. Und Stille. Wobei Stille und Musik, vor allem Klassik, Jazz und Blues, sich nicht ausschließen. Tom Zai schwört sogar auf Soundtracks für Actionfilme. „Wenn du Dramatik brauchst, ist Filmmusik einfach genial“, findet er. Und bei Brenda Stumpf läuft fast immer der Fernseher, wenn sie schreibt. Ganz leise, kaum hörbar, aber er plappere.

> Eigentlich komme ich ins Schreiben gar nicht rein, sondern das Schreiben (und die Inspiration) … ergreift von mir Besitz und lässt mir keine Ruhe mehr, bis ich geschrieben habe. … Aber in der Regel meditiere ich vor dem Schreiben; es ist dann so, als ob ich alles aus mir hinauslaufen lassen würde, mich leere und gegenüber dem „Außen“ abschirme, und das, was dann noch übrig bleibt, ist das, was ich zu Papier bringe.
Manuel Stach – Lyrik, Prosa, Fabeln, Parabeln

> Die Inspiration hängt vor allem vom Gemütszustand ab, oft von speziellen Ereignissen, von einer bewunderten Landschaft, von der Liebe, vom Bruch einer Liebe, vom Verlust eines geliebten Menschen und vielen anderen tiefgehenden Ereignissen, die jeweils die Tonart des Werkes mitbestimmen.
Theo Candinas – Lyrik, Prosa

> Wenn ich nur schreiben würde, wenn ich mich inspiriert fühle, würden maximal ein Dutzend Seiten pro Monat herauskommen. Ohne vernünftiges Handwerk kommt selten Kunst heraus, der Stellenwert der Inspiration wird deutlich überschätzt.
Harald Gilbers – Historische Kriminalromane 

> Ich beginne einfach zu schreiben. Oft suche ich mir ein Zitat, das ich abschreibe. Später wird es meist gelöscht. Es hat nur die Funktion, mich in meine Geschichte hineinzuversetzen.
Otto Hans Ressler – Romane, Künstlerromane, Fachbücher 

> Ich lese ein paar Minuten in meinen Text hinein, um in die Stimmung einzutauchen.
Ute Kissling – Krimis, Prosa, Kurzgeschichten

> Wenn ich an einem Tag meinen Schreibprozess beende, schließe ich niemals mit einer fertigen Szene oder gar einem fertigen Kapitel. Ich schreibe stets schon die ersten Sätze für den nächsten Absatz und stoppe mitten in einem Satz. Wenn ich nun am nächsten Tag weiterarbeiten möchte, lese ich mir diese paar Sätze durch, knüpfe an dem halben Satz an und verfalle sofort in meinen typischen Schreib- und Erzählfluss.
Stefan Gemmel – Kinderbücher

> [Ich brauche] Torschlusspanik. Druck, gerne selbst auferlegt.
Claudio Zemp – Lyrik, Prosa 

> Begegnung, Austausch mit anderen Menschen (nicht nur Autoren), Besuch von Lesungen, aber auch Wahrnehmung des politischen und kulturellen Tagesgeschehens.
Regina Schleheck – Prosa, Kurzgeschichten, Hörspiele

> Isolation. Jeder soziale Umgang überlagert die „innere Stimme.“
Tanja Schurkus – Hist. Romane, Romanbiografien, Mystery, mod. Erzählliteratur

> Ungestörtheit. Eine neutrale Umgebung. In Fahrt sein. Zum Bespiel habe ich einen Sommer lang auf dem Zürichsee geschrieben. Um 11 Uhr aufs Schiff. Grosse Rundfahrt bis ans Ende des Sees. Sieben Stunden später wieder zurück.
Brigitte Schär – Lyrik, Prosa, Kinderbücher, Liedtexte

> Um ins Schreiben zu kommen, tigere ich herum, trinke Tee, wische Staub, putze da etwas weg, koche, gehe raus und irgendwann sitz ich dann und es geht los, kann allerdings Stunden dauern …
Adelheid Ohlig – Sachbücher, Blogs, CD-Inlets

Ich spiele oft eine Runde Backgammon oder ein anderes kurzes Computerspiel, checke nochmal meine Mails, schaue, ob ich noch irgendwas tun kann. Dann fange ich an.
Gerlis Zillgens – Prosa, Kinder- und Jugendbücher, Satire

Ich spiele mit Karten. Skatkarten. Das begleitet mein Schreiben. Ist komisch, ich weiß, aber es hat sich so ergeben. Heinrich Peuckmann – Prosa, Krimi, Kinderbücher, Drehbuch, Hörspiel, Lyrik  

Ruhe. Kaffee. Zigaretten. Dunkelheit um mich. Das leuchtende Display vor mir. Der Appetit kommt mit dem Essen heißt es … – Ideen kommen bei mir beim Schreiben …
Su Turhan – Kriminalroman, Kurzgeschichten, Drehbuch     

Christiane Dieckerhoff_Bandagen-a

(Foto: Christiane Dieckerhoff)

Ich bandagiere mir die Handgelenke. Das suggeriert mir wohl, dass es ernst wird, mit dem Schreiben. Oft setze ich mir auch einen Lärmschutz auf. Christiane Dieckerhoff – Kriminalromane, historische Romane

> Alles muss griffbereit sein, Ladekabel, Wasser, Stift für Notizen. Ein guter Stuhl, ein guter Tisch, frische Luft.
Tanja Kummer – Lyrik, Prosa, Kinderbücher, Drehbücher, Hörspiele

> Ruhe, eine große Tasse Tee, viel Wasser und den Text des Vortages. Im weiteren Verlauf gesellt sich aber auch weniger gesunde „Seelennahrung“ wie Gummibärchen oder in stressigen Situationen auch Salzgebäck hinzu. Am Abend darf es auch mal ein Glas Wein sein.
Jeanine Krock – Romantic Fantasy, Liebesromane

> Zwei Gläser Rotwein und eine gut gestopfte Pfeife.
Valentin Herzog – Romane, Erzählungen, Reiseliteratur

> Momentan Bambussprossentee, die Füsse an der Heizung und die immer gleiche Musik  (Ella Fitzgerald)
Tim Krohn – Kinderbücher, Historische Romane, Theaterstücke

Ich lasse mir während [des Schreibens] immer das Haar lang wachsen, bestehe auf eine Heizdecke um die Waden, Alkohol nur nach getaner Arbeit. Und wie es so schön in meinem Dankeswort im Lavendelzimmer heißt: „This book is powered by coffee“.
Nina George – Romane

> Und wenn der Erzählfluss beim Schreiben am PC ins Stocken gerät, allenfalls eine Zigarette draussen im Garten, selbst im Winter. Sonst rauche ich nicht. Was mich mehr inspiriert, das Umhergehen im Garten oder das Rauchen, weiss ich nicht. Oft führe ich dann innere Selbstgespräche.
Rainer Bressler – Historische Romane, Hörspiel

> Dranbleiben ist alles! Leerläufe ertragen! Täglich am Schreibtisch sitzen, in den Zettelchen wühlen, Notizen machen, assoziieren, lesen, den Faden nicht aus den Fingern lassen…
Christoph Geiser – Lyrik, Romane, Erzählungen

> Ich lese während eines Schreibprozesses nur Literatur, die mit meinem Thema oder den Ländern, in denen meine Handlungen spielen, zu tun haben. Die laufende Recherche [inspiriert mich] außerordentlich.
Rebecca Michéle – Historische Romene, Krimis, Familiensagas

> Ich besitze eine Sanduhr, die eine Stunde läuft. Wenn es Probleme gibt, sich auf das Schreiben zu fokussieren, drehe ich sie um, und ab diesem Moment gilt die Regel: So lange die Sanduhr läuft, wird geschrieben – und wenn es Steine regnet oder das Haus über mir zusammenfällt. Der Zensor hat zu schweigen, es geht nur darum, Wörter zu tippen. Ich stelle mir dann vor, ich sitze unter einer Glasglocke. Die Sanduhr hat mir früher oft geholfen. Mittlerweile brauche ich sie kaum noch, aber sie steht trotzdem neben mir.
Oliver Buslau – Kriminalromane

> Hat ein Projekt erst mal den ersten zähen Widerstand verloren, läuft es meist von allein. Ich habe mehr Schwierigkeiten, mich vom letzten Projekt zu lösen und gedanklich und gefühlsmäßig in einem neuen Projekt anzukommen.
Gabriele Schmid – Liebesromane, Kriminalromane 

 

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