Kaum eine Frage wird Autorinnen und Autoren so häufig gestellt wie diese: Ja können Sie denn vom Bücherschreiben leben? Manche können es, die meisten nicht. Warum wollen dann aber so viele Leute „ihr Buch“ schreiben? Mit welchen Schwierigkeiten hat Autor oder Autorin zu rechnen und mit welchen der Verlag? Braucht es überhaupt noch Verlage und Lektoren, wenn doch jeder sein Selbstgeschriebenes im Selbstverlag veröffentlichen kann? Stefanie Rahnfeld, Lektorin beim Kölner Emons Verlag, und FAUST-Autorin Petra Reategui unterhalten sich mit dem Publikum über das Geschäft mit der Literatur, erzählen von geplatzten Träumen und in Erfüllung gegangene Hoffnungen.
Stadtbibliothek Leverkusen, Friedrich-Ebert-Platz 3d, Eingang Rathausgalerie, Beginn 14:00 Uhr. Eintritt: 5.- Euro (inkl. Kaffee und Kuchen)
Agnieszka Lessmann, Amir Shaheen, Dorothea Renckhoff, Margit Hähner und Petra Reategui lesen im Literaturhaus Köln.
Alle sind Mitglieder des PEN Deutschland, und genauso bunt und vielfältig wie dieser sind auch die Texte, die an diesem Abend vorgetragen werden. Es wird spannend, mysteriös, lyrisch und natürlich auch heiter und satirisch.
Petra Reategui beim LiteraturCafé Leverkusen der Autorengruppe FAUST
Dem fertigen Buch sieht man nicht an, wie viele schlaflose Nächte es die Schriftstellerin oder den Schriftsteller kostet, Personen im Roman zum Leben zu erwecken. Im Gespräch mit der Leiterin der Stadtbibliothek Leverkusen Eva-Marie Urban erzählen die FAUST-Autorin Petra Reategui und der Leverkusener Kinder- und Jugendbuchautor Christian Linker von überraschenden „Begegnungen“ mit ihren Figuren und der kniffeligen Suche nach einem passenden Namen für sie.
Ort: Stadtbibliothek Leverkusen, Friedrich-Ebert-Platz 3d, Eingang Rathausgalerie, Beginn 14:00 Uhr. Eintritt: 5.- Euro (inkl. Kaffee und Kuchen)
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So eigenwillig wie ihr Name, so fantasievoll sind Kim KototamaLunes gläserne Netzgebilde, die die Künstlerin aus feinen Glasfäden zu magischen Kugeln und Säulen spinnt. Und freuen Sie sich über die wunderbare Glasmenagerie von Ivana Šramková, die Sie jetzt im Glasmuseum der Achilles-Stiftung, Hamburg, sehen können.
Februar 2016. Ein klarer, blauer Himmel. Der Morgen ist frisch, aber es würde warm werden im Laufe des Tages, sehr warm. Wie Feodor und seine Künstlerkollegen vor über 200 Jahren mache ich mich auf den Weg zur Akropolis. Betrachtet man die Zeichnungen des Iren Edward Dodwell, ging Anfang des 19. Jahrhunderts der Pfad hinauf zum Tempelplateau quer über den nackten Felsen. Kein Baum, kein Strauch, die Schatten spendeten.
Das alte Athen
Relieffiguren und Figurengruppen, die Feodor zwischen 1800 und 1803 in Athen gezeichnet hat. Seine Arbeiten – ungefähr 100 Bilder – liegen heute im British Museum, London.
Detail einer ParthenonmetopeDetail einer ParthenonmetopeFiguren am Turm der WindeFiguren am Lysikratesdenkmal
Das malerische Anafiotika mit seinen weißgetünchten Häuschen und verwinkelten Gässchen am Rande der Athener Altstadt Plaka gab es zu jener Zeit noch nicht.
Die Akropolis. Einerseits eine Großbaustelle, ein Ruinenfeld, nur vereinzelt noch Marmorreliefs, Metopen.
Die meisten Originale befinden sich im British Museum in London – Lord Elgin lässt grüßen! – und im 2009 neu gegründeten Athener Akropolismuseum. Andererseits ein überwältigendes Gefühl, hier oben zu stehen. 2500 Jahre Geschichte und Baugeschichte. Dazu ein erhabener Blick übers Land.
Hier also hat Feodor monatelang gearbeitet, vor den Propyläen, dem Erechtheion, am Niketempel, auf dem Parthenon …
„Da saß er dann in schwindelerregender Höhe vor den Relieffiguren auf den Platten von Fries und Metopenband, die unbekannte Bildhauer vor über zweitausend Jahren aus Marmorblöcken herausgeschlagen hatten, fast alles Szenen aus der griechischen Götterwelt. Sein Malerbrett mit Papierbögen auf den Knien, das Skizzenbuch griffbereit daneben, copirte Feodor die Szenen ohne perspektivische Verzerrungen, wie dies der Fall gewesen wäre, wenn er vom Boden aus hätte zeichnen müssen. Friedlich ist es hier oben.“
Am Abend esse ich an dem kleinen Platz in Plaka, wo einmal das Kapuzinerkloster gestanden hat, in dem Feodor und seine Künstlerkollegen untergekommen sind. Heute verraten nur noch ein paar Mauerreste von dessen früherer Existenz sowie das Lysikratesmonument, dessen Fries Feodor abzeichnete. Eine Katze streicht um meine Beine, maunzt.
Ich bilde mir ein, dass die neun Jahre, die Feodor in Rom verbracht hat, die glücklichsten seines Lebens gewesen sind. Ich kann nur eine Woche dort sein, aber diese Woche ist randvoll mit Eindrücken.
In der Galleria Borghese
Der Taxifahrer, der mich vom Flughafen zum Hotel bringt, hört nicht mehr zu reden auf. Kaum hat er gemerkt, dass ich ein bisschen Italienisch spreche, sprudelt es schon aus ihm heraus: wie schön doch Rom sei, viel schöner als Paris. Was habe Paris denn schon zu bieten? Ein 2000 Jahre altes Colosseum etwa? Oder denken Sie nur an die antiken Tempel, Signora, an die Säulen, das Forum. Paris hat doch nichts Vergleichbares, gut, Notre Dame, die Champs-Élysées, das ist ja alles sehr schön, aber Rom ist schöner … Sehen Sie hier, die Trajanssäule, Piazza di Spagna, Via del Corso. Und gehen Sie hinunter zum Tiber, wandern Sie am Ufer entlang, gehen Sie hinein nach Trastevere … Ich darf das sagen, Signora, verteidigt er sich, ich bin nicht aus Rom, ich komme aus Puglien, aber ich lebe seit 15 Jahren hier. Ich habe viel gesehen, aber keine Stadt ist so schön wie diese.
Friedrich Noack schreibt in seinem Buch „Deutsches Leben in Rom 1700 bis 1900“, dass Feodor zunächst im Palazzo Zuccari in der heutigen Via Sistina 64 gewohnt habe, dann mit Friedrich Weinbrenner zusammen in der Via Babuino und schließlich von 1795 bis 1799 in der Via Margutta.
Eindrücke von der Via Margutta in Rom heute
Alle Fotos: Petra Reategui
In der Galleria Borghese
Er setzt mich vor meinem Hotel ab. Von hier sind es nur ein paar Schritte zur Via Margutta, in der Feodor zeitweilig gewohnt haben soll. Sie verzaubert mich sofort, die schmale Straße im alten historischen Künstlerviertel nahe der Piazza del Popolo. Seit Jahrhunderten scheinen die Häuser unverändert. Da keine Nummer überliefert ist, nehme ich mir die Freiheit, mir eines auszusuchen und entscheide mich für ein hohes, mehrstöckiges Gebäude mit einer zur Straße geschlossenen, schützenden Fassade. Das Eingangsportal steht offen. Neugierig steige ich die steinerne Treppe empor, die zu einem Gewimmel von Wohnungstüren führt, zu einem hochgelegenen Hinterhof, zu Gängen, weiteren Treppen und Treppchen, kleinen Balkonen und terrassenähnlichen Plätzchen. Hier und da ein Brunnen und jede Menge Grün, Veilchen, Farne, Palmgewächse. Ich habe Feodors Bleibe gefunden; auch ich kann mir vorstellen, hier zu wohnen und zu schreiben.
In einer kleinen Taverne trinke ich das erste Glas Wein auf römischem Boden. (Aus meinen Reisenotizen)
Feodor verließ Rom im Dezember 1799, um mit einer Gruppe von Künstlern im Auftrag des britischen Lord Elgin nach Athen zu reisen. Und so fliege ich ein paar Wochen später ebenfalls nach Griechenland.
Feodor ist bestimmt nicht gefragt worden, ob er nach Deutschland wollte. Ein Page wird nicht gefragt, was er möchte; ein Page gehört der Herrschaft. Und so kommt Feodor mit ungefähr acht Jahren über das zaristische St. Petersburg an den Karlsruher Hof.
Das Karlsruher Schloss
Aber Markgraf Carl Friedrich, ein aufgeklärter Fürst, tut etwas sehr Kluges: Er entlässt das Kind aus dem Pagendienst und schickt es im Sommer 1776 an eine für die damalige Zeit außerordentlich fortschrittliche Schule, an das Philanthropin im Schloss Marschlins in Graubünden.
Ich versuche, mich an Feodors Stelle zu versetzen. Was geht wohl in ihm vor, während er gemeinsam mit drei anderen badischen Zöglingen und einem Erzieher in der harten unbequemen Postkutsche sitzt und draußen die Landschaft an ihm vorüberzieht? Ist die Reise für ihn ein Abenteuer, oder hatte er Angst vor dem, was auf ihn zukommt?
Langsam rücken sie näher, die verschneiten Gipfel. Fast bedrohlich wirken sie auf den, der sie zum ersten Mal sieht. Und die Kutsche rollt. Noch malt Feodor nicht. Er wird auch als Erwachsener keine Landschaften malen oder zeichnen.
Er wird Menschen aufs Papier bringen, seinen Freund Weinbrenner, den späteren badischen Oberbaudirektor, auf einer Leiter balancierend, andere beim Malen oder in einer Taverne. Er wird Gesichter festhalten, Trachten. Der Faltenwurf der Kleidung, die Knicke in den Kniebeugen der Hosen sind genauso prächtig gefältelt wie das Bergmassiv, das er von Schloss Marschlins aus von nun an jeden Tag sehen wird.
Auf dem Weg ins Hinterrheintal
Es ist nicht mehr weit bis zum Schloss. Noch schwingen sich keine Elektrokabel von Pfeiler zu Pfeiler durch das Land, noch gibt es keine Windräder. Aber der Fluss, an dem sie jetzt entlangfahren, ist der gleiche, den er in der Nähe von Karlsruhe gesehen haben dürfte: Der Rhein, er kommt von dieser Gegend, wird der Erzieher den jungen Zöglingen erklären. (aus meinen Reisenotizen)
Ich weiß nicht, ob die Postkutsche die kleine Gesellschaft bis zum Schlosseingang gebracht hat. Wahrscheinlich nicht. Ich vermute, dass die Kinder die letzte Strecke, vielleicht ab Landquart, zu Fuß gehen mussten. Mir hat ein alter Mann den Weg gezeigt: Immer dort entlang, bis zum Waldrand, Sie werden es dann schon sehen. Und so ist es, plötzlich liegt Schloss Marschlins vor mir, unverkennbar mit seinen vier Türmen, an jeder Ecke einer. Am nächsten Tag werde ich im Staatsarchiv Graubünden sitzen, in die untergegangene Welt des Philanthropins eintauchen, Feodor beim Lernen und Spielen begleiten und von einem Mord lesen, der den Jungen erschüttert haben dürfte.
Schloss Marschlins nördlich von Chur | Alle Fotos: Petra Reategui
1791 wird Feodor noch einmal in die Schweiz kommen. Vielleicht besucht er alte Freunde und Bekannte, bevor er dann aber neugierig und gespannt sich weiter auf den Weg nach Rom macht.
War es Zufall oder musste es so sein? Ich hatte einige Jahre zuvor die Mongolei bereist, hatte in Gers, in Jurten, übernachtet, den Männern beim Tränken der Schafe an den Brunnen zugeschaut, den Frauen beim Melken ihrer Kamele.
– Gibt es große Unterschiede zwischen den traditionellen Lebensweisen von Mongolen und Kalmücken, fragte ich jetzt, wo ich Feodor nachzuspüren versuchte, eine junge Kalmückin, die ich in Deutschland traf.
– Nein, meinte sie, was du dort gesehen hast, wird dir helfen, das Buch über den Kalmücken Feodor zu schreiben. Und ich erinnere mich …
Geruch wie von wildem Thymian im unendlich weiten Land, am Horizont die dunstige Silhouette der Berge. Manchmal kommen sie näher, manchmal rücken sie vor den Reisenden zurück. Über uns der hohe Himmel von stählernem Blau, nur hin und wieder Wolkenungeheuer, weiße Wolken, graue Wolken, graublaue. Wolken über grünen Kuppen ohne Bäume, über steinigen Hängen ohne Sträucher. Wolken, aus denen der Regen fällt, der Hagel. Dann bricht wieder die Sonne durch. Ein Regenbogen reckt sich hinter der Bergkette empor. Und noch einer, leuchtend spannen sie sich über die eine Hälfte des Himmels, verblassen und erreichen weit weg auf der anderen Seite die Ebene. Hinter den Gers spielen Kinder; die Schafsknöchelchen klickern und klackern, wenn sie aneinanderprallen. (Aus meinem Reisetagebuch)
Die Kalmücken – das einzige buddhistische Volk Europas
Die Kalmücken sind ein westmongolisches Volk, das seit Jahrhunderten westlich der Wolga auf europäischem Boden traditionell als Nomaden lebten und wie andere mongolische Völker tibet-buddhistischen Glaubens sind. Die heutige Kalmückische Republik oder Kalmückien gehört zu Russland, Hauptstadt ist Elista mit rund 105.000 Einwohnern.
Der Große Tempel in ElistaDer Alte Weiße Mann
So stelle ich mir vor, dass auch Feodor, das kalmückische Nomadenkind, zwischen den Gers mit Freunden gespielt hat. Bis das Spiel eines Tages vorbei war, und Feodor auf eine lange Reise mitgenommen wurde. Unfreiwillig.