Filzengraben – Geschichtliche Hintergründe

Hintergründe zum historischen Roman „Filzengraben“

Seit vielen Jahren wird im italienischen Vigezzotal jedes Jahr am ersten Wochenende im September das Fest der spazzacamini, Schornsteinfegerfest gefeiert.

Dann ziehen Hunderte von Schornsteinfegern und Schornsteinfegerinnen aus ganz Europa und zum Tal von Übersee durch das kleine Alpenstädtchen Santa Maria Maggiore und die Nachbargemeinden.

Es wird gegessen und getrunken, gelacht und getanzt. Von überall her ertönt Blasmusik. Die spazzacamini und spazzacamine tragen, ganz traditionsbewusst, ihre schwarze Berufskleidung, die goldenen Jackenknöpfe blitzen. Die weißen, roten, blauen oder gelben Halstücher sind Farbtupfer in der gleißenden Herbstsonne.

Viele Frauen, Italienerinnen aus dem Tal, sind wie in alten Zeiten in farbenfrohe Mieder gekleidet, mit weißen Blusen und bunten Röcken, die bis zum Boden reichen.

Vieni, spazzacamino, komm, küss mich! So viel Glück auf einmal! Die schwarzen Gesellen aus Bayern haben sich Hände und Gesichter mit Kohle angemalt, küssen und umarmen jede und jeden, der sich nicht retten kann. Ganz Santa Maria Maggiore läuft mit schwarz verschmierten Gesichtern herum.

Das fröhliche Fest erinnert an die Generationen von Schornsteinfeger, oft genug kleine Kinder, die vom 16. Jahrhundert bis weit nach dem Ersten Weltkrieg gezwungen waren, aus diesem Tal auszuwandern, um in Genua, Mailand oder Turin, in der Schweiz, in Frankreich, Deutschland, Österreich oder in den Niederlanden die Kamine zu reinigen. Damit sie und ihre Familien überlebten. Denn in den kargen Alpentälern war das Leben hart und der Hunger ständiger Begleiter. Und nicht nur Schornsteinfeger mussten sich in der Fremde verdingen, auch Maurer, Krämer, Kesselflicker und Terrazzomacher, aber auch Musiker, Architekten, Stukkateure und Kaufleute suchten ihr Glück in nördlicheren Regionen. In Paris, in Basel, entlang des Rheins, in Frankfurt, Köln, Düsseldorf. Viele blieben und ließen ihre Familien nachkommen, oder sie heirateten in der neuen Heimat. Übrigens stammten noch bis ins 20. Jahrhundert hinein viele Schornsteinfegerfamilien zwischen Rhein und Mosel von diesen frühen italienischen Einwanderern ab.

(Alle Fotos: Petra Reategui)

Filzengraben

Filzengraben

Historischer Kriminalroman

Emons Verlag, Köln 2009
ISBN-13: 978-3-89705-630-5
ca. 250 Seiten

In neuer Auflage unter dem Titel:
Der gestohlene Duft

Emons Verlag, Köln, Jubiläumsausgabe 2015
ISBN: 978-3-95451-447-2
ca. 250 Seiten

Euro 10,00 [D]

Köln 1737. Ein Fläschchen mit wertvollem Aqua mirabilis zerbricht. Eine Diebstahlserie bedroht die wirtschaftliche Existenz von Spediteuren italienischer Herkunft. Dann stirbt ein Kind im Rhein, und ein Mann wird schwer verletzt vor den Stufen von Signor Dalmontes Geschäftshaus im Filzengraben gefunden. Steckt der Kaufmann und Destillateur Johann Maria Farina von Obenmarspforten hinter diesen Verbrechen? Und was für eine Rolle spielt jener zwielichtige Welsche aus dem Vigezzotal, den der Vater als Kind zu den Schornsteinfegern gegeben hat?

Übrigens wird man nur weniger Jahre später das duftende Aqua mirabilis in Eau de Cologne oder auch Kölnisch Wasser umbenennen.

»Ein Donnerschlag zerriss die ungewöhnliche Schwüle dieses letzten Freitagnachmittags im März des Jahres 1737. Erschrocken fuhr Anna herum. Das dunkelgrüne Fläschchen, das sie eben von einer kleinen Transportkiste in eine größere und sichere umpacken wollte, entglitt ihren Fingern und zerschellte klirrend auf dem Steinfußboden. Zwischen den zerborstenen Glassplittern bildeten sich winzige Lachen einer wasserklaren Flüssigkeit, dünne Rinnsale versickerten in den Fugen der Fliesen.«

»Warum hatte ihm niemand gesagt, dass diese Stadt stank? Alle hatten sie immer nur von den unzähligen Kirchen erzählt. Dass in jeder Straße, an jeder Ecke eine stünde. Manchmal sogar zwei oder drei, aneinandergereiht wie Perlen auf einer Schnur. Mit in den Himmel ragenden Glockentürmen, die sich gegenseitig an Höhe überböten. Und von der mächtigen Stadtmauer hatten sie ihm vorgeschwärmt, mit ihren Basteien und Torburgen, von den bunten Märkten und dem Mastenwald im Hafen, von den vielen Menschen, den süffigen Bieren und süßen Weinen. Feixend und hinter vorgehaltener Hand hatten sie ihm von Winkelwirtschaften erzählt, draußen vor der Stadt hinterm Bayenturm. Dort müsse er hin. Unbedingt. Dollbier probieren. Es mache so herrlich wunderselig. Nur zwei Becher, und schon sei das Leben ein Paradies und die Augen der Mädchen funkelten wie Juwelen.«

Wenn Sie mehr über die Hintergründe des Romans wissen wollen …

Warum kamen Italiener, Welsche, wie sie auch genannt wurden, im frühen 18. Jahrhundert nach Köln und in andere Städte nördlich der Alpen?

Noch sind überall in Köln Spuren der Vergangenheit zu finden.

Thurnmarkt Torbogen in Köln
Keller im Haus Duhr, Filzengraben, Ecke Auf Rheinberg
Sankt Maria Lyskirchen
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Falkenlust – Wie es angefangen hat

Foto: Petra Reategui

Oktober 1995. Ein strahlender Herbsttag. Mit dem Rad fahre ich den Rhein entlang von Köln Richtung Wesseling, als ich am Wegrand ein Kreuz aus hellem Trachyt bemerke. Ich halte an, um die Inschrift zu lesen. Mir wird unheimlich.

Ich beginne nachzuforschen, in der Stadtverwaltung, im Personenstandsarchiv von NRW in Brühl, schließlich im Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf. Und werde fündig. Am 8. Januar 1997 stoße ich in einer dicken, nach abgestandenem Staub riechenden Akte aus dem 18. Jahrhundert auf ein Schriftstück mit dem Namen des Toten vom Kreuz. Sehr viel mehr aber kann ich nicht mehr lesen, das Dokument ist in der alten deutschen Kurrentschrift verfasst.

Ich lasse mich nicht entmutigen. Wochenlang brüte ich nun Abend für Abend über den Fotokopien des Papiers, folge den Begründungen des nicht genannten Schreibers, der auf sechzehn Seiten seine Ansichten über den Mordfall darlegt. Als ich das letzte Wort in unsere heutige lateinische Schrift transkribiert, den letzten Satz in den Computer getippt und das Dokument zugeklappt habe, köpfe ich eine Flasche Schampus und trinke auf „meinen“ Toten. Er ist mir inzwischen ans Herz gewachsen, und manchmal halte ich stumme Zwiesprache mit ihm.

Quelle Akte: „LAV NRW R Kurköln III Nr. 255, Blatt 386“

Foto: Petra Reategui

Falkenlust

Falkenlust

Historischer Kriminalroman

TB; Emons Verlag, Köln 2006
ISBN-13: 978-3-89705-456-1
ca. 300 Seiten

Euro 11,00 [D]

Das Leben im beschaulichen Brühl nimmt eine gefährliche Wendung, als sich die siebzehnjährige Agnes plötzlich von zwei Männern hofiert sieht, der eine selbstsicher und weltgewandt, der andere lieb, aber mit dem Herzen immer bei den kurfürstlichen Jagdfalken und Habichten. Und dann geschieht in der Nacht zum Fastnachtsdienstag ein Mord. Nach einer wahren Begebenheit von 1758.

» Noch lag der Schlosshof im Licht der untergehenden Frühlingssonne. Der helle Sand knirschte fein, als Johann langsam an den aufgeblockten Falken entlang schritt. Gelassen hockten die Vögel auf ihren Blöcken und Grassoden, hin und wieder drehten sie die Köpfe nach rechts und links, um mit ihren scharfen Augen die Umgebung zu erspähen.«

» Eine Viertelstunde später stand ganz Sürth am Rheinufer und schaute gebannt zu, wie der Obrist und sein Helfer den Leichnam eines Mannes ans Ufer zerrten. Der steife Körper war bis auf die Hose nackt, in der Bauchgegend waren zwei tiefe Stiche zu erkennen. Wie von einem Hirschfänger, würde der Brühler Gerichtsschreiber später auf Grund der Aussagen des Chirurgus festhalten. Mit ihren Messern schnitten die beiden Männer das um den Kopf geknüpfte Hemd auf. Im wirren Haar klebten Reste von Blut. Durch die Menge ging ein erregtes Raunen. Einige glaubten, den Toten zu erkennen.«

Wollen Sie wissen, wie alles begann?

Das gleichnamige Schlösschen Falkenlust im südlich von Köln gelegenen Brühl

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